Peyton Manning: mit Ruhe ins letzte Rodeo

Wenn in der Nacht auf Montag in den USA der 50. Super Bowl steigt, ist der Star-Quarterback der Denver Broncos zum ersten Mal in seinem Leben Außenseiter. Doch im wohl letzten Spiel seiner großen Karriere gegen die Carolina Panthers könnte ihm ein erstaunlicher Wandel auf dem Weg zum Happy End helfen.

(*Dieser Artikel lief am 7.2.2016 bei heute.de*)

Es müssen fürchterliche Wochen für Peyton Manning gewesen sein in der abgelaufenen regulären Spielzeit. Seine Denver Broncos hatten einen Lauf, aber zum ersten Mal in seiner Karriere konnte der Quarterback nicht recht zum Teamerfolg beitragen. Wurfarm und Ferse schmerzten und kündeten vom nahen Karriereende des 39-Jährigen. Im November, beim Tiefpunkt gegen Kansas City, landeten elf seiner 20 Pässe im Rasen und vier sogar in den Händen des Gegners. Statistisch betrachtet gehörte die Legende einen Moment lang zu den schlechtesten Spielmachern der National Football League NFL.

Doch obwohl er in jener Partie seinen Platz an Ersatzmann Brock Osweiler verlor und danach weitere sieben Spiele verletzt und ausgelaugt verpasste, steht Manning nun gegen Favorit Carolina zum vierten Mal im Super Bowl. Ironie des Schicksals, dass der Superstar nach der wohl schlechtesten Saison seiner Laufbahn die Chance bekommt, im Scheinwerferlicht abzutreten. Denn auch wenn er sich alle Optionen offen hält, dürfte das Jubiläums-Endspiel der NFL im Levi‘s Stadium im kalifornischen Santa Clara sein “letztes Rodeo” sein. Das hat Denvers Nummer 18 selbst jüngst angedeutet.

Den Rest erledigt die Defensive

Auf den letzten Metern seiner Laufbahn musste sich Manning noch einmal gehörig umstellen. Die Zwangspause war dabei vermutlich hilfreich. Denn erst von der ungewohnten Position an der Seitenlinie aus konnte er sehen, dass gar kein Passfeuerwerk mehr von ihm gefordert wird wie in 18 Profijahren zuvor. Auch muss er nicht das Schicksal des gesamten Teams schultern. Die harte letzte Lektion seiner Karriere lautet vielmehr: nichts erzwingen, Fehler vermeiden – sich helfen lassen.

Seit Coach Gary Kubiak ihn im letzten Spiel vor Start der Playoffs zurück ins Geschehen beorderte, spielt Manning ruhiger, unspektakulärer, aber wieder erfolgreich. 78 Pässe stehen seither zu Buche, kein einziger wurde abgefangen. Weil die beste Defensive der Liga für die Broncos meist den Rest erledigt, hat Denver auch gegen Carolina eine Außenseiterchance. Selbst gegen die stärkste NFL-Offensive um den 13 Jahre jüngeren Kraftprotz Cam Newton.

Nur ein paar Titel fehlen

Derart loslassen zu müssen kann keine leichte Erkenntnis gewesen sein für einen Mann, den sie Sheriff nennen. Zeit seines Lebens ist Manning voran gegangen. Sein überbordendes Talent hat den aus einer Quarterback-Dynastie stammenden Spielmacher seit College-Tagen in vorderste Reihe gedrückt. Er ging als Bester seines Jahrgangs in die NFL, beim so genannten Draft der Nachwuchstalente. 14 Jahre lang war er das Gesicht der Indianapolis Colts, die er fast immer in die Playoffs führte. Dazu zwei Mal in den Super Bowl und 2007 sogar zum Sieg. Als er 2011 mit Nackenverletzung ein ganzes Jahr ausfiel und sein Team nicht mehr an den alternden Star glaubte, strafte er mit seinem neuen Klub Denver alle Kritiker Lügen. Auch die Broncos führt er nun schon zum zweiten Mal ins große Endspiel.

Auf der Quarterback-Position hat Manning fast alle relevanten Rekorde gebrochen: Kein anderer warf in seiner Karriere für mehr Raumgewinn, kein anderer erzielte mehr Touchdown-Pässe. Gleich fünf Mal wurde er zum “wertvollsten Spieler” (MVP) der Saison gewählt, zum wichtigsten Spieler der Liga. Einzig die Titelausbeute ist seiner Laufbahn unangemessen. Vor allem die deftige Final-Pleite vor zwei Jahren gegen die Seattle Seahawks drückt aufs Gemüt. Diese Episode zu korrigieren und sich nun mit einem zweiten Sieger-Ring zu verabschieden, würde die große Karriere würdevoll abrunden.

Ikone der Werbeindustrie

Es wäre ein Happy End wie in Hollywood. Kein Wunder, dass viele US-Amerikaner ihm und den Broncos die Daumen drücken. Aber nicht nur deswegen, denn Manning gilt als Gentleman und Leader, auf und neben dem Platz. Als der Wirbelsturm Katrina 2005 seine Geburtsstadt New Orleans verwüstete, half er großzügig. Als untadeliger Sportsmann konnte er zuletzt mit einiger Autorität Spekulation des TV-Senders Al-Jazeera zurückweisen, er habe in der Zwangspause 2011 Wachstumshormone genommen.

Peytons Ansehen ist enorm, seine Selbstironie hat ihn gar zur Ikone der Werbeindustrie gemacht. In einem Spot, der die gesamte Saison schon hoch und runter läuft, wird er von einem Knirps im Tischtennis vorgeführt und der alternde Superstar summt sich Mut zu: “Das größte Comeback beginnt jetzt hier.”

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